Vom Mythos des Opfermodus & den Wölfen

Immer wieder ein Thema, das mir wirklich am Herzen liegt. Die Tage ist es mir bei einem Influencer auf Instagram begegnet, von dem ich das nicht erwartet hätte … das Ver-Urteilen, andere kritisieren dafür, dass sie vermeintlich im Opferland stecken und dann auch noch behaupten, dass Gott das Leben so nicht für uns gedacht hat. Dabei hat er in die Kamera geweint, weil er es ja so hart hatte und nicht im Opferdasein hängen blieb, sondern stattdessen aufstand und durch die Heraus-forderungen durch ging, die ihn stärkten und zu dem machten, was er jetzt ist.
Mir flog fast der Deckel weg beim Lesen. Wenn wir doch nur aufhören könnten mit diesem Schwachsinn und dieser Härte unseren Mitmenschen gegenüber!
Kein Mensch - KEINER - ist bewusst oder freiwillig im "Opfermodus". Niemand steht morgens auf und denkt: "Heute jammer ich mich schön selbst klein."
Was Menschen tun – was sichtbar wird als "Jammern", "Klagen", "Widerstand", "Drama" – ist in Wahrheit ein erlerntes Verhalten, das eine Antwort auf schlimme Erfahrungen, frühkindliches Trauma oder Formen von Missbrauch darstellt. Es ist
- ein Notruf ihres Nervensystems
- ein ungehörter Schmerz, der sich so ausdrückt
- ein Überlebensmuster, das früher Sicherheit bedeutete
- eine strategische Dissoziation aus erlernter Hilflosigkeit
- und ein Schrei nach Hilfe und Zugehörigkeit
Der vermeintliche "Opfermodus" ist ein Zustand von Dysregulation im Nervensystem, den sich der Mensch nicht ausgesucht hat sondern dessen Opfer er tatsächlich IST.
Ein Mensch in diesem Zustand hat gelernt, dass er kraftlos, machtlos und schwach ist. Nicht, weil er es will, sondern es wurde ihm so beigebracht. Ihm wurde so viel angetan, er hat so viel erleiden müssen - oft so subtil, dass es tief in seinem Unterbewusstsein verankert ist - dass er glaubt, nicht mehr wert zu sein, als das Opfer von Leben zu sein.
Begegnet man einem Menschen in diesem Zustand ist Kritik, Beschämung und hartes Verurteilen das ALLERLETZTE und hat mit Menschlichkeit absolut nichts zu tun.
Stattdessen ist es angebracht die Frage zu stellen: Was ist dir passiert, dass dich glauben lässt, du hast nicht die Kraft, dein Leben zu verändern?
Menschen zu beschämen, statt ihnen Mitgefühl und einen sicheren Raum zum Zuhören zu geben, sich dabei auch noch hinter Gott als Alibi zu verstecken ist nicht nur Blasphemie sondern in einem fetten spirituellen Ego begründet. Wie können wir uns anmaßen, uns über andere zu erheben, die - durch unsere gefilterte Brille betrachtet - noch nicht da sind, wo wir sind? Steht es uns wirklich zu, diese Art von Kritik zu üben, und ist sie überhaupt gerechtfertigt?
Wir brauchen doch nur in Tierwelt zu schauen, um zu wissen wie es geht!
🐺 Die Wunde im Rudel wird geschützt, nicht beschämt
In einem Wolfsrudel – oder auch bei Elefanten, Löwen, Delfinen – ist das verletzte oder schwächere Tier niemals Last, sondern Teil des Ganzen.
- Wenn ein Tier verletzt ist, wird es in die Mitte genommen.
- Wenn es schwach ist, wird das Tempo angepasst.
- Wenn es nicht mithalten kann, schützt das Rudel den Raum um es herum.
Kein Alpha ruft: "Du jammerst ja nur, reiß dich mal zusammen."
Die Natur kennt Co-Regulation und innere Ordnung durch Verbundenheit.
🧬 Und wir?
Wir leben in einer Kultur,
- die die Schwächeren zur "Last" macht, kritisiert und beschämt;
- die Trauma mit "Opferrolle" gleichsetzt, ohne zu fragen "warum?"
- die Verbindung verlernt – und dafür narzisstisch geprägte New Age-inspirierte Coaching-Härte verkauft, die nichts anderes als eine weitere Form von Missbrauch und Gaslighting ist;
- und, die eben jenen eine Plattform für noch größere Reichweite bietet, damit sie noch mehr Unheil anrichten können.
In Wahrheit ist der Mensch im sogenannten "Opfermodus" derjenige, der das Rudel am meisten braucht.
Und was tun wir? Wir verwehren es ihm, beschämen ihn, beleidigen ihn und traumatisieren ihn noch zusätzlich.
Wie wollen wir als Menschheit eine Neue Erde bauen, wenn wir die Basics nicht verstanden haben?
Gandhi sagte einmal sinngemäß, dass man den Fortschritt einer Zivilisation daran erkennt, wie sie ihre Schwachen - die Kinder, die Alten und die Tiere - behandelt. Da hat die Menschheit noch jeeede Menge Luft nach oben. Und so lange wir nicht verstehen, dass jedes Mitglied des Rudels verdient gewürdigt und gesehen und gehört zu werden, haben wir kaum eine Chance auf eine neue bessere Welt. Es wird Zeit, zu verstehen ...
- dass Heilung durch Liebe, Sanftheit und Nähe geschieht - nicht durch Urteil;
- dass ein Nervensystem, das schwächelt, Sicherheit sucht – nicht Aufmerksamkeit; und,
- dass zum echten Menschsein gehört, Mitmenschen Mitgefühl zu schenken - nicht sie zu verurteilen und auszugrenzen.
👭👫 Gemeinsam statt einsam
Nochmals zur Erinnerung: Wir leben in einem System, das uns alle - dich, mich und alle anderen Seelen inkarniert auf diesem Planeten - um der Manipulation und Kontrolle willen gezielt und bewusst traumatisiert. Wir sind alle Opfer hier - keiner steht über dem anderen - und der einzige Weg heraus aus der Falle ist ... die Liebe.
Hat Jesus jemals die Schwachen beschämt, verurteilt und gerichtet?
NIEMALS.
Er aß mit den Ausgestoßenen, er nahm die Fragen der "Kleingläubigen" und Schwachen im Geist ernst, er heilte, auch wenn es verboten war und er sprach von Vergebung und Rückkehr.
🕊️ Und wen hat er kritisiert?
-
Die Selbstgerechten
-
Die scheinbar Starken, die sich über andere stellten
-
Die Pharisäer, die Gesetz über Liebe stellten
-
Die Tempelhändler, die Heiligkeit verkauften
Es war nie das Leid, das Jesus störte –
sondern die Herzen, die kalt geworden waren.
Wie wollen wir im ChristusBewusstsein wandeln, wenn wir die grundlegenden menschlichen Werte, die er uns gelehrt hat nicht einmal verkörpern können?